Es war kein gewöhnliches Handballspiel, das sich am Nachmittag des 5. April 2025 in der Paartalhalle zutrug. Zu vertraut war die Szenerie, zu durchdrungen von einer leisen Wehmut: Für den Kissinger SC markierte dieses Heimspiel gegen den TSV Schwabmünchen III den Schlusspunkt einer Saison – und noch viel mehr: das letzte Spiel dieser Mannschaft in ihrer aktuellen Form. Während die Zuschauer den Atem eines Abschieds in der Luft spürten, schrieb Schwabmünchen still und souverän seine eigene Geschichte – mit einem 36:29-Sieg, der mehr war als ein Resultat: eine choreografierte Demonstration von Ruhe, Spielwitz und Reife.
Bereits in der ersten Spielminute zeigte Marius Zander mit dem ersten seiner sechs Tore, dass der TSV Schwabmünchen III nicht gekommen war, um höflich zu gratulieren oder den Gastgebern einen sanften Abschied zu bereiten. Vielmehr traten die Gäste auf, als wollten sie in der melancholischen Atmosphäre des Kissinger Finales ein Gegengewicht setzen: hellwach, konzentriert, taktisch überlegt.
Das Spiel entwickelte sich zunächst ausgeglichen – 6:6 nach neun Minuten – doch dann begann sich der Nebel zu lichten: Schwabmünchen zog langsam davon. Besonders Simon Kuhn mit seinen kraftvollen Treffern und Tobias Müller, dessen sechs Tore wie aus einem Guss wirkten, gaben der Partie ein strukturiertes Gesicht. Auch Dan-Micha Schikor stach mit sechs Treffern aus dem Rückraum heraus und verlieh dem Spiel Schwabmünchens eine fast künstlerische Tiefe.
Kissing – kämpferisch, aber mit Schatten im Spiel
Der Kissinger SC stemmte sich mit aller Macht gegen die drohende Niederlage. Spieler wie Marvin Cless (vier Tore, davon zwei Siebenmeter) und Philipp Danner (drei Tore) waren Lichtblicke in einer zunehmend zerfallenden Formation. Doch während einzelne Aktionen Hoffnung aufblitzen ließen, zeigte sich im Gesamtbild das, was vielleicht das ganze Jahr über geschwelt hatte: ein Kampf gegen die eigene Müdigkeit.
Die Paartalhalle, sonst erfüllt vom Rhythmus der Begeisterung, war an diesem Nachmittag ein Ort der stillen Anerkennung. Das Publikum spürte, dass der SC kämpfte – nicht nur gegen den Gegner, sondern auch gegen den Moment selbst. Vielleicht lag in der Emotionalität dieses Spiels das Entscheidende verborgen: das Wissen, dass es das letzte Mal war, dass diese Mannschaft gemeinsam auflief.
Ein Abschied, dem die Worte fehlten
Als der Abpfiff ertönte, stand nicht nur ein 29:36 auf der Anzeigetafel, sondern ein Kapitel der Kissinger Handballgeschichte vor seinem Schlussstrich. Ein großer Applaus, keine dramatischen Tränen – nur ein leises Innehalten, ein Blick zurück auf das, was war. Trainer, Spieler, Zuschauer – jeder nahm diesen Moment auf eigene Weise auf.
Der TSV Schwabmünchen III hingegen verließ das Spielfeld mit einer Haltung, die dem Anlass gerecht wurde: nicht triumphal, sondern respektvoll. Ihre Leistung war präzise, aber nie überheblich. Sie verstanden, dass sie Gäste in einer Geschichte waren, deren letzte Zeilen bereits geschrieben waren, bevor das Spiel begann.
Nachklang
In einer Welt, in der Ergebnisse oft über allem stehen, war dieses Spiel ein seltenes Dokument des Übergangs. Es war das Aufeinandertreffen zweier Realitäten: des Endes und des Fortgangs. Kissing geht, Schwabmünchen bleibt – vorerst. Doch was bleibt, ist mehr als nur das Ergebnis eines Spielberichts. Es ist das Gefühl, einem Moment beigewohnt zu haben, in dem Sport aufhörte, nur Bewegung zu sein, und stattdessen zu Erzählung wurde.
Und vielleicht ist es genau das, was Handball manchmal sein kann: ein Gedicht auf 40×20 Metern, geschrieben in Schweiß, Rhythmus und gelegentlichem Schweigen.
Team SMÜ:
Dominik Brandt (Tor) 1, Marius Zander 6, Mitchie Schikor 6, Tobias Müller 6/1, Chrisse Weichel 5, Simon Kuhn 4, Backe Klein 2, Ha-Jü Sadlo 2, SÖren Vinzelberg 1, Thorsten Rinne 1, Markus Weichel